Sachverstand beim CDU-Wirtschaftsrat? *update* **update** ***update: Backhaus stellt Ultimatum***

GRÜNE kritisieren Festhalten am Steinkohlekraftwerk in Lubmin

Die Greifswalder GRÜNEN wundern sich über das Festhalten des CDU-Wirtschaftsrates am Steinkohlekraftwerk Lubmin. Eine Studie des emeritierten Greifswalder Betriebswirtschaftsprofessors Manfred Matschke wartet mit unglaublichen Zahlen auf: Weit über tausend Arbeitsplätze und mehr als eine halbe Millionen von Übernachtungen könnte das Kraftwerk der Region bringen. So viel hat nicht einmal DONG versprochen!

Nach dem Ausstieg von DONG soll nun ein neuer Investor gesucht werden. Dabei wird übersehen: DONG ist aus wirtschaftlichen Gründen aus dem Projekt ausgestiegen. Kohlekraftwerke rechnen sich nicht mehr.

Wenn sich der CDU Wirtschaftsrat schon nicht von Umwelt- und Klimaschäden sowie dem großen Schaden für die einheimischen Tourismuswirtschaft abhalten lässt ein Kraftwerk zu fordern, dann sollte ihn doch der Ausstieg von DONG endlich zur Einsicht bewegen. Wir können keine Investitionsruine gebrauchen. Der Abbau der Hinterlassenschaften der Atomindustrie kostet den Steuerzahler schon viele Milliarden Euro.

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Update

Der Kreisvorstand beschloß auf seiner gestrigen Sitzung folgende Pressemitteilung:

CDU-Wirtschaftsrat fordert rechtswidrig Genehmigung einer Invest-Ruine
Greifswalder Wirtschafts“weiser“ jongliert mit erfundenen Zahlen

Der Kreisverband (KV) Greifswald-Uecker-Peene von Bündnis 90 / Die Grünen ist, so das Ergebnis der gestrigen Vorstandssitzung, entrüstet über die Anstiftung zur Rechtsbeugung und die unwissenschaftliche Zahlenspielerei des Wirtschaftsrates der CDU und seines Gutachters Matschke.
Der Wirtschaftsrat forderte auf seinem Jahresempfang in Rubenow, das gerade von wirtschaftsfreundlicher Seite aufs Panier gehobene rechtsstaatliche Verfahren für die Ansiedlung eines Steinkohlekraftwerks in Lubmin (eigentlich: Rubenow) in Richtung auf eine Genehmigung zu beeinflussen. Die zum Energieexperten aufgestiegene Wirtschaftsvereinigung wärmte zu diesem Zweck die bereits vielfach widerlegte These von der Unterversorgung durch Erneuerbare Energien bei Spitzenlasten wieder auf, blieb aber den Nachweis dafür natürlich schuldig, weil es einfach eine falsche Behauptung ist. Selbst Minister Seidel ging an diesem Abend nicht so weit, das Recht zu beugen, indem er einen „positiven Ausgang“ forderte.
In dasselbe schrille Behauptungs-Horn wie der Wirtschaftsrat stieß auch Professor Matschke, seines Zeichens Wirtschaftswissenschaftler und Greifswalder Bürgerschaftsmitglied, der sich durch seine haltlosen gutachterlichen Äußerungen als nicht ernst zu nehmender Zahlenjongleur entpuppte: Seiner, Matschkes, Schätzungen (!) nach, die jeder überprüfbaren Grundlage entbehren und reine Stammtisch-Gaukeleien sind, entstünden für den Wirtschaftsraum Chancen, die selbst DONG energy in diesen Ausmaßen niemals versprochen hat – geschweige denn, daß der Konzern den Nachweis dafür erbracht hätte. Die ständigen Nachbesserungen der niemals vollständig eingebrachten Unterlagen für das Genehmigungsverfahren belegen, daß das angeblich „moderne“ Kraftwerk in keiner Planungsphase auf dem Stand der gegenwärtigen Technik war. Zudem wärmte der Fachmann von der CDU-Wirtschaftsvereinigung Gnaden Matschke den ebenfalls bereits widerlegten Unsinn auf, daß für das „moderne“ Steinkohlekraftwerk in Lubmin ein „umweltschädliches“ abgeschaltet werde – die Tatsache bewußt verleugnend, daß DONG energy kein „altes“ Kraftwerk in Deutschland abschalten kann, weil es über keines verfügt. Oder glaubt der „Wirtschaftsweise“ Matschke, daß das RWE oder Vattenfall aus reiner Freundlichkeit eine ihrer rentablen Dreckschleudern zugunsten von DONG energy abschalten würden? Der Rest seines Zahlenwerks ist nicht überprüfbar und statistische Luftschloßbauerei.
Der CDU-Wirtschaftsrat und ihr gutachterlicher Fachmann negieren die Tatsache, daß sich DONG energy aus wirtschaftlichen Gründen aus dem Lubminer Projekt zurückgezogen hat – wie auch aus allen anderen Steinkohlekraftwerks-Projekten, die der Konzern in Deutschland betrieben hat. Sie fordern sehenden Auges die Beugung des rechtsstaatlichen Verfahrens zugunsten einer Investruine.
Der KV Greifswald-Uecker-Peene fordert stattdessen dazu auf, die Energieversorgung des Landes auf Grundlage dezentraler Kraftwerke, die mit Erneuerbaren Energien arbeiten, auf eine zukunftsfähige und wirtschaftlich vernünftige Grundlage zu stellen. Mecklenburg-Vorpommern bietet aufgrund seiner geographischen Voraussetzungen die allerbesten Chancen, zu einem bundesweiten Vorreiter für klimaschützende Energieerzeugung zu werden. Mit diesem Pfund sollte das Land wuchern, nicht mit nachgewiesenermaßen unwirtschaftlicher Dinosauriertechnik!

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2. Update

Die Grünen MV äußern sich folgendermaßen:

CDU-Wirtschaftsrat fordert zum Rechtsbruch auf
„Der Wirtschaftsrat der CDU hält an Plänen fest, von denen jeder weiß, dass sie längst ad acta gelegt worden sind. Das zeugt von Ignoranz und Imkompetenz“, kommentierte Jürgen Suhr, Landesvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. „Dass der Wirtschaftsrat die Landesregierung darüber hinaus dazu auffordert, das noch laufende Genehmigungsverfahren im Sinne der Kraftwerksbefürworter abzuschließen, grenzt schon an die Afforderung zum Rechtsbruch.“
Mecklenburg-Vorpommern hat ein großes bisher nicht ausgeschöpftes Potential im Bereich der Erneuerbaren Energien, hier können mit einer zukunftsgewandten Wirtschaftspolitik eine Vielzahl von Arbeitsplätzen geschaffen werden. „Jobs im Bereich der Erneuerbaren Energien vernichten keine Arbeitsplätze im Tourismus und zerstören nicht Urlaubsgebiete und sensible ökologische Gebiete. Es ist an der Zeit, dass auch im sogenannten CDU-Wirtschaftsrat der Blick in die Zukunft geht und die Verantwortung für nachfolgende Generationen gesehen wird,“ so Suhr.

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3. Update:

Backhaus droht mit Ultimatum für Kohlekraftwerksprojekt

Lubmin/Schwerin (dpa) – Die Genehmigungsbehörden für den Bau des Kohlekraftwerks Lubmin erhöhen den Druck auf die Antragsteller. Umweltminister Till Backhaus (SPD) droht mit einem Ultimatum und einem vorzeitigen Ende des Verfahrens. „Als Genehmigungsbehörde prüfen wir, dem Antragsteller eine Frist zu setzen“, sagte der Minister. Sollte die Projektgesellschaft die seit Monaten geforderten Unterlagen nicht in einem festgesetzten Zeitraum nachreichen, werde das Verfahren so entschieden. „Nach derzeitiger Aktenlage ist das Projekt nicht genehmigungsfähig“, erläuterte Backhaus. Trotz Rückzugs von Investor Don Energy geht das Genehmigungsverfahren weiter.

Stefan Fassbinder
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6 Kommentare bei „Sachverstand beim CDU-Wirtschaftsrat? *update* **update** ***update: Backhaus stellt Ultimatum***“

  1. Denkt bitte auch mal an die Lesbarkeit von Blogeinträgen. Manchmal ist es besser, einen neuen Beitrag anzufangen, sonst wirds anstrengend für die, die nur einmal am Tag hier reingucken.

  2. Bei dem Beitrag gehts aber auch gar nicht um Lesbarkeit, sondern um Ideologie, um Dampf-Ablassen, um Angst…

  3. Ups, lokalisieren wir eine Rechtsbeugung? Wie kann das nur sein, wo doch die eigene Wahrnehmung des Autors bislang so zielgerichtet auf das Gemeinwohl gerichtet war? Mag es daran liegen, dass die eigene Wahrnehmung nicht mit der Realität übereinstimmt? Mag es daran liegen, dass der Auor die Diskussionen über den Zustand in dem wir uns befinden, bisher mit fadenscheinigen Argumenten unterbunden hat? Wenn der Autor zu dem Schluss kommt, darüber nachzudenken, ob das System, welches er bis dato vehement verteidigte, zu hinterfragen, so hat der Verstoß der CDU sogar was Gutes, denn möglicherweise dient dieses System doch nicht dem Gemeinwohl sondern nur einigen speziellen Kapitalinteressen.

  4. […] Sachverstand beim CDU-Wirtschaftsrat? – Greifswald wird Grün […]

  5. „Eine Studie des emeritierten Greifswalder Betriebswirtschaftsprofessors Manfred Matschke wartet mit unglaublichen Zahlen auf…“

    Ich denke das folgende Zitat beschreibt recht gut, was von Matschkes Studie zu halten ist:

    „Die bloße Verwendung von Mathematik wird als ein Garant für Wissenschaftlichkeit und ´Ideologiefreiheit` genommen. Diese Sicht allerdings beruht auf einem Kurzschluss: Weil die mathematische Naturwissenschaft Erfolg hatte, müssten andere Wissenschaften nur ihre Methode adaptieren, um ´wissenschaftlich` zu sein. […]
    Die Wirtschaftswissenschaft müsste ihren Gegenstand erst wieder gewinnen, oder anders gesagt: sie müsste eine Wissenschaft erst noch (oder wieder) werden. Offenbar ist diese nicht ganz neue Erkenntnis einer der Ursprünge der post-autistischen Ökonomik. Nur greift es dann zu kurz, wenn in manchen ihrer Gründungsdokumente bloß wissenschaftlicher und methodischer Pluralismus eingefordert wird, der ja nur darauf hinauslaufen kann, in Form einer Art von ´Artenschutz` anderen Ansätzen als dem herrschenden ihre Nischen zu erhalten, ohne dass wirklich eine Auseinandersetzung mit der zur Methodik aufgeblasenen Scharlatanerie stattfindet, die das Fach dominiert. Als jemand, der von den verkommenen Binnenstrukturen der Volkswirtschaftslehre nicht existentiell betroffen ist, mache ich es mir hier sicher zu einfach. Aber die Äußerung einer Vermutung gestatte ich mir doch noch: Wenn es nicht gelingt, der Neoklassik den ihr allein adäquaten Platz auf dem Müllhaufen der Dogmengeschichte zuzuweisen, wird wohl auch weiterhin Erhellendes über den eigentlichen Gegenstand der Wirtschaftswissenschaft, also die kapitalistische Produktions- und Wirtschaftsweise eher außer- als innerhalb des akademischen Bereichs zu finden sein.“

    Prof. Dr. Claus Peter Ortlieb (Mathematik, Uni Hamburg) „Mathematisierte Scharlatanerie. Zur ‚ideologiefreien Methodik‘ der neoklassischen Lehre“ , April 2006

  6. […] sein.“, konstatiert Gulla. Auch bei anderen Gegnern des Kraftwerks wie den Greifswalder Grünen stieß Matschke auf scharfe Kritik. Es handle sich um “Stammtisch-Gaukeleien”, Matschke sei nicht ernst zu nehmen. Gulla […]

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