Scheinheilig

„Unglaublich: Ein-Euro-Jobberin gibt Unterricht und verteilt Schulnoten“ weiß die OZ heute auf S. 9 der Greifswalder Zeitung zu berichten. Wer wie einige Journalisten der OZ völlig kritiklos über die Praxis der Vergabe und des Einsatzes von „Ein-Euro-Jobbern“ schreibt, darf sich über solche Auswüchse nicht wundern. Zur heimlichen Akzeptanz der „Ein-Euro-Jobs“ trägt auch eine Berichterstattung bei, die von einer „Vergütung“ oder einem „Gehalt“ von „Ein-Euro-Jobbern“ spricht. Weitere Beispiele finden sich hier und auch hier:

“…Doch statt der Traumstelle als Hörspielautorin wartete beim ersten Vermittlungsgespräch ein Ein-Euro-Job [Hervorhebung von mir] auf die Kunstpädagogin. Für wenig Geld sollte sie in der PR-Abteilung des Greifswalder Kulturzentrums St. Spiritus aushelfen. „Zunächst war ich empört, doch dann sah ich, wie andere vor der Tür Schnee schippen mussten“, erzählt Sophie.”… so die Greifswalder Zeitung.

Ich habe hier schon desöfteren über “Ein-Euro-Jobs” geschrieben und langsam bin ich es leid. Nur so viel: “Ein-Euro-Jobs” sollten das letzte Mittel einer Reihe von möglichen Maßnahmen, die den ARGEn zur Verfügung stehen, sein, so sieht es das Gesetz. Keinesfalls sollten sie am Anfang stehen. Im Übrigen dienen sie in erster Linie der Wiedererlernung einer Tagesstruktur bei Langzeitarbeitslosen. Aber urteilen Sie selbst, ob dies bei einer Studentin unmittelbar nach dem Studium zutrifft… mehr

Auch über ergatterte Stellen als „Ein-Euro-Jobber“ war zu lesen. Das Erstaunen empfinde ich deshalb als scheinheilig. Ich würde gerne die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass sich mit dem heutigen Artikel etwas ändert. Aber es drängte sich eher der Eindruck auf, dass dieser Artikel nur deshalb zustande kam, weil die Realität des bundesdeutschen Arbeitsmarktes in die heile Welt des Bildungsbürgertums einbrach.  Sonst sind unterschwellig abschätzige Bemerkungen wie „diese Kräfte“, die nicht mit „Schülern allein gelassen werden“ dürfen, nicht zu erklären. Völlig sinnfreie Tätigkeiten wie Laubharken als Einstieg in der ersten Arbeitsmarkt dagegen, das dürfen solche Leute schon…

3 Kommentare bei „Scheinheilig“

  1. Und ich befürchtete schon, dass da gar nichts mehr zu diesem Artikel bei Euch kommt. Danke und volle Zustimmung!

  2. Die „Ein-Euro-Jobberei“ ist ist genauso übel, wie die schon selbstverständliche „Vertafelung“ dieses Landes!

  3. […] die Folgen des Missbrauchs von “Ein-Euro-Jobbern” und die Berichterstattung darüber schrieb gestern der OZ-Blog und kommentierte einen […]

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.