Am 10.05.2015 fand die Oberbürgermeisterstichwahl statt.
Zur Wahl standen die Herren Dr. Stefan Fassbinder und Jörg Hochheim. Das amtlich
ermittelte Wahlergebnis ergab 8155 Stimmen für Jörg Hochheim und 8170 Stimmen für Dr. Stefan Fassbinder.
Gemäß § 33 Abs. 3, 4 LKWG M-V wurde das Wahlergebnis nach Beschlussfassung durch
den Wahlausschuss in der Sitzung am 12.05.2015 und entsprechend auf der Internetseite
der Universitäts- und Hansestadt Greifswald am 13.05.2015 öffentlich bekannt gemacht
(Anlage 1).
Gegen die Gültigkeit der Wahl können alle Wahlberechtigten des Wahlgebietes innerhalb
von zwei Wochen nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses schriftlich oder zur
Niederschrift Einspruch erheben (§ 35 LKWG M-V).
Bis zum Fristablauf (27.05.15, 24:00 Uhr) gingen 3 Einsprüche gegen die Gültigkeit der
Oberbürgermeisterwahl ein.
1. Schreiben vom 19.05.2015 (Posteingang 21.05.2015) des Herrn Norman Kohnert
(Anlage 2)
2. Schreiben vom 26.05.2015 (Posteingang 26.05.2015) des Herrn Jörg Hochheim
(Anlage 3)
3. Schreiben vom 26.05.2015 (Posteingang per Fax am 26.05.2015) des Herrn Jörg
Sievers (Anlage 4)
Über Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl entscheidet gemäß § 36 Abs. 1 LKWG M-V
bei allen Kommunalwahlen die Vertretung. Diese kann die Vorbereitung ihrer Entscheidung auf einen Wahlprüfungsausschuss übertragen. Sie kann, wenn der Sachverhalt hinreichend geklärt ist, die Entscheidung auch unmittelbar treffen.
Die Gemeindewahlleiterin hat zu den vorliegenden Einsprüchen eine Stellungnahme
abzugeben: Insoweit wird zunächst festgestellt, dass die eingelegten Einsprüche form- und fristgerecht eingelegt worden sind.
Zu der von allen drei Einspruchsführern vorgetragenen Sachlage, dass das Wahllokal 93
vorübergehend nicht geöffnet gewesen sei, hat er Wahlvorstand Stellung genommen
(Anlage 5) und eine Vorortbesichtigung mit den Mitgliedern des Wahlvorstandes
stattgefunden (Anlage 6).
Zunächst ist festzustellen, dass das Gebäude, in welchem die Wahlhandlung stattfinden
sollte, dem Ernst-Thälmann-Ring seitlich zugewandt über drei Zugänge verfügt. Einen
Haupteingang, einen Nebeneingang sowie einen ebenerdig einsehbaren
Terrassenseiteneingang. Der Nebeneingang, welcher als Zugang für das Wahllokal 93
gekennzeichnet war, sollte nach Auskunft des Wahlvorstandes durch eine am Boden
liegende Fußmatte, welche zu einer Keilform zusammengeklappt worden war, dauerhaft
offen gehalten werden. Die Prüfung dieses Mechanismus ergab, dass die Entfernung der auf diese Weise verkeilten Matte nur mit einigem Kraftaufwand erfolgen konnte.
Dennoch ist offenbar im Verlaufe des Vormittages des 10.05.2015 die Fußmatte entfernt
worden, was dazu führte, dass die ausgeschilderte Eingangstür zum Wahlbüro
vorübergehend geschlossen war. Hierauf wurde der Wahlvorstand am späten Vormittag des 10.05.2015 von einer Wählerin, welche über den seitlich liegenden Terrasseneingang zum Wahllokal gelangte, aufmerksam gemacht. Der ordnungsgemäße Zustand wurde sodann unverzüglich wieder hergestellt. Ein Mitglied des Wahlvorstandes ging um 11:45 Uhr in die Mittagspause. Zu diesem Zeitpunkt war der ordnungsgemäße Zustand bereits seit einiger Zeit wieder hergestellt worden. Der Einspruchsführer Kohnert hatte beschrieben, dass er gegen 11 Uhr keinen Zugang zum Wahllokal gefunden hätte. Der Wahlvorstand hatte beschrieben, dass es keinen merklichen Bruch in der Wahlhandlung gegeben habe.
Anhaltspunkte dafür, dass ein Wähler an der Wahlhandlung gehindert worden wäre, liegen nicht vor. Auch der Einspruchsführer Kohnert hat nach eigenem Bekunden noch am
Nachmittag Zugang zum Wahllokal gefunden. Die andere Wählerin, der die verschlossene
Tür aufgefallen war, hatte den recht gut einsehbaren Terrassenzugang genommen und auf diesem Wege, ebenfalls ihre Stimme abgeben können. Trotz entsprechender
Medienberichterstattung ist bislang kein Wähler auf die Gemeindewahlleiterin zugekommen, um auf eine konkrete Beeinträchtigung seiner Wahlhandlung aufmerksam zu machen.
Daneben ist anzumerken, dass sich an der Nebeneingangstür zum Wahllokal eine
Klingelanlage befindet, mit welcher sich ein Wähler, der den Zugang zum Wahllokal am
Wahltag verschlossen vorgefunden hätte, bemerkbar machen konnte. Selbst wenn ein
Wähler diese Klingelmöglichkeit übersehen hätte, ist einzuschätzen, dass der seitliche
Terrasseneingang zum Wahllokal, auch wenn dieser nicht gesondert ausgeschildert war, für einen Zugangssuchenden jedenfalls recht problemlos erkennbar gewesen wäre. Etwa 25 Meter weiter auf dem Gehweg vor dem Wahllokal wäre dieses seitlich einsehbar gewesen.
Darüber hinaus herrschte am Wahlsonntag (Muttertag) laut Auskunft des Wahlvorstandes
ein erheblicher Besucherverkehr in der Wohnanlage, so dass ein Wahlberechtigter sogar
über den Haupteingang hätte Zugang finden können oder jedenfalls für eine Verständigung des Wahlvorstandes im Hause hätte sorgen können.
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass bei der Wahlhandlung gem. § 40 Abs. 2 LKWG M-V eine Unregelmäßigkeit durch den zeitweilig eingeschränkten Zugang zum
Wahllokal 93 aufgetreten ist.
Fraglich ist jedoch, ob hierdurch bereits eine Beeinflussung des Wahlergebnisses
eingetreten sein kann. Die Rechtsprechung verlangt insoweit eine nach der Lebenserfahrung konkrete und in greifbare Nähe gerückte Möglichkeit, dass die Unregelmäßigkeit auf das Wahlergebnis von entscheidendem Einfluss gewesen sein kann (OVG Thüringen Urteil vom 20.06.1996, 2 KO 229/96 zitiert nach juris unter Bezugnahme auf OVG Münster, OVG Mannheim und VGH München). Dass am Wahlsonntag mehr als 15 Wähler in dem Zeitraum, als die Tür verschlossen war, an der Ausübung des Wahlrechts im Wahllokal 93 gehindert gewesen sein könnten, welche sämtlich ihre Stimme für Herrn Hochheim abgegeben hätten, ist höchst unwahrscheinlich. Daneben ist es auch unwahrscheinlich, dass keiner dieser theoretisch vorm verschlossenen Wahleingang stehenden Wahlberechtigten die Möglichkeiten einer Zugangsverschaffung über die Klingelanlage, den von Hausbesuchern recht stark frequentierten Haupteingang oder den seitlichen gut einsehbaren Terrasseneingang gewählt hätten oder aber im Zweifel – so wie der Einspruchsführer Kohnert – zumindest im Laufe des Tages noch einmal zum Wahllokal 93 zurückgekommen wäre.
Soweit der Einspruchsführer Jörg Sievers darauf verweist, dass im Wahlbezirk 62 die
Wahlberechtigung nur durch Vorlage einer Wahlbenachrichtigungskarte festgestellt worden sei, ist hierin schon keine Unregelmäßigkeit festzustellen. Dieses Vorgehen entspricht § 32 LKWO M-V. Eine Ausweisprüfung hat nur zu erfolgen, wenn Zweifel an der Identität des Wahlberechtigten bestehen. Hierzu hat der Einspruchsführer nichts vorgetragen.
Die Gemeindewahlleiterin weist darauf hin, dass im Falle einer Wiederholungswahl mit
voraussichtlichen Kosten von 30.000 bis 40.000 € zu rechnen ist. Die Beschränkung der
Wiederholungswahl auf einen Wahlbezirk ist auf Grund der Briefwähler nicht möglich. Der
zusätzliche Ausschluss der betroffenen Briefwähler aus der Wiederholungswahl ginge über den Gesetzeswortlaut des § 40 Abs. 2 Satz 2 LKWG M-V hinaus und begegnet
verfassungsrechtlichen Bedenken (siehe BVerfG 21.04.2009, Az 2 BvC 2/06).
Anlage 3 im Volltext würde mich persönlich schon ein wenig interessieren. Das gibts aber auf den Seiten der Bürgerschaft nicht, richtig?
Die Anlagen sind nichtöffentlich. Ich weiß aber nicht warum.
[…] Verkündigung des Wahlergebnisses zu drei Einwänden gegen seine Gültigkeit (Genaueres dazu hier: http://blog.gruene-vorpommern-greifswald.de/2015/06/04/einspruch-ob-wahl-stellungnahme-wahlleiterin/). Nun wurde ein Wahlprüfungsauschuss beauftragt, welcher der Frage nachgeht, ob es sich bei den […]