Diskriminierende Berichterstattung im Fleischervorstadtblog?!

Der Fleischervorstadtblog (FVB) gerät in die Kritik. Unter der recht reißerischen Überschrift „Auf der Flucht: Radfahrer überfällt Sparkasse und tritt in die Pedale (!)“ berichtet er über den gestrigen Banküberfall in Greifswald. Das Unwort „Pedalritter“ hat er sich gerade noch gespart.

Die Berichterstattung über Kriminalität, gerade auch im Bereich der Verdachtsberichterstattung, unterliegt gewissen Grenzen. Merkmale, die nichts mit der (mutmaßlichen) Tat zu tun haben, sollten im Bericht nicht auftauchen. Alter, Nationalität oder Ähnliches haben in Artikeln nichts zu suchen, wenn diese Merkmale nicht zur Besonderheit der Tat gehören. Auch die Hervorhebung der Zugehörigkeit zu einer Gruppe kann laut Pressekodex diskriminierend sein, in Ziffer 12 heißt es: Niemand darf wegen […] seiner Zugehörigkeit zu einer […] sozialen Gruppe diskriminiert werden.

Die mehrfache Verwendung des Wortes „Grün“ (grünes Fahrrad, grüne Jacke [Hervorhebungen von mir]) halten wir in der Berichterstattung des FVB im Zusammenhang mit der Tatausführung (Fahrrad) für diskriminierend. Sicher sind wir für CO²-Reduzierung und -Vermeidung in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen, von dieser Tat distanzieren wir uns. Der FVB stellt einen Zusammenhang her, der nicht gegeben ist.

Wohin solch unbedachte Berichterstattung führen kann, können wir an einigen Facebook-Kommentaren gut sehen. Da ist dann von einem „umweltfreundlichen Banküberfall“ die Rede, wir müssen uns fragen lassen, ob wir nicht immer schon „prinzipiell für Umverteilung“ gewesen seien, gar von „Versöhnung von Ökologie und sozialer Gerechtigkeit“ ist die Rede. Auch die BI Diagonalquerung gerät in Misskredit, wenn es heißt, der Räuber sei „quer über die Europakreuzung gefahren„. Der FVB, der gerne austeilt und den Pressekodex hoch hält, sollte sich an seinen eigenen Maßstäben messen lassen. So ist es BILD-Zeitungs-Niveau und weckt die niedersten Instinkte. Es fehlt nur noch das uralte Brecht-Zitat

Einem Wunsch des FVB schließen wir uns ausdrücklich an: Der betroffenen Bankangestellten geht es inzwischen hoffentlich wieder etwas besser.

16 Kommentare bei „Diskriminierende Berichterstattung im Fleischervorstadtblog?!“

  1. Die Pedalritter lagen mir ja schon in den Fingern, aber wer eine Bank mit einem pistolenartigen Gegenstand statt eines Schwertes überfällt, hat diesen Titel nicht verdient 😉

  2. Ist das euer Ernst? So einen Text könnte man ja im Postillon platzieren. „Die mehrfache Verwendung des Wortes ‚Grün‘ […] halten wir in der Berichterstattung des FVB im Zusammenhang mit der Tatausführung (Fahrrad) für diskriminierend.“ Das kann Herr Kochan doch unmöglich ernst meinen, oder?!

  3. Bitte, sagt mir, dass es sich hier um einen nicht ernst gemeinten Beitrag handelt. Da geschieht ein Raub auf ökologische Weise und anstatt zu loben schreiben Grüns einen solchen Text. Der hatte bestimmt auch einen alten Ast anstatt einer Pistole in seiner grünen Jacke.

    Aber mal im Ernst, wie soll die Polizei denn sonst Ihre öffentliche suche durchführen. Selbst Hautfarbe ist in solchen Fällen völlig relevant. Genau wie grünes Rad und grüne Jacke.
    Ob das Fahrrad verkehrssicher im Sinne der StvO war, täte mich interessieren.

  4. Ich kann nur mea zustimmen: Dieser Artikel hätte das Zeug für den Postillon. Habe wirklich herzhaft drüber lachen können. Ob nun die flapsige Version der Vorgänge journalistischen Standards genügt, das lassen wir mal dahingestellt sein. Denn wenn ich den Macher der Seite richtig verstanden habe, dann ist Journalismus gerade nicht das, was er machen will.

  5. Ich frage vorsichtshalber mal nach:

    Soll das eine Satire sein, oder ist das Ernst gemeint?

    Ist es eine Satire, halte ich sie für gelungen, ist es Ernst gemeint, halte ich die Kritik für übertrieben.

    Es sind durchaus andere Personen via Facebook als „Täter“ in Frage gekommen. Beispielsweise ist die Täterbeschreibung als 1,90m großen und schlanken Mann sehr aufschlussreich. Ich kenne einen Mann, der 1,90m groß und schlank ist.

    Nun, da liegt es doch Nahe, zu scherzen: Gib’s zu, Du hast die Bank überfallen!

    Oder etwa nicht?!

  6. 190 Zentimeter großer Besitzer eines grünen Fahrrads sagt: Antworten

    Grüne Fahrräder oder Grüne Geschäftsstelle, Behindertenparkplatz, Sportwagen 😉 http://www.tobiasgillen.de/ferrari-gruenen-bild-was-ich-aus-der-social-media-welle-lernte-und-warum-ich-das-bild-loeschte/ Den FVB für die Kommentatoren verantwortlich zu machen ist …

  7. Es ist und war ein kleines Späßchen…

  8. Vor allem die Kommentare hier sind ziemlich postillonreif. Das ist aber nichts Neues.

  9. da muss ich dem kay zustimmen. greifswald is schon nen kleiner schlummerkasten 🙂

  10. Hilfe die Grünen werden von der autonomen a.f.r.i.k.a. gruppe unterwandert =;o)

  11. @ Gregor Kochhan:

    Nun, dann gibt es einen „gefällt mir“ Daumen oder ein WordPress „+1“ für den Text. 😉

    Dass Satire jedoch in diesem Fall leicht missverstanden werden kann, liegt vermutlich daran, dass es kein Satire-Blog ist.

    Auch beim webMoritz passierte es, dass wir eine Satire oder Glosse veröffentlichten, die die Lesenden nicht verstanden, weshalb die Junge Union sich genötigt sah, eine Pressemitteilung zu veröffentlichen.

    Vor diesem Hintergrund könnte fast sogar der Eindruck entstehen, als handele es sich bei dieser Glosse um eine JU-Pressemitteilungs-Persiflage (weil uns da auch „Diskriminierung der Einwohner Schönwaldes vorgeworfen wurde“).

    Seitdem schreibt der webMoritz jedenfalls doch lieber „Glosse“ oder „Satire“ darüber, um Missverständnisse zu vermeiden.

  12. @Marco:
    Danke. Eigentlich wollte ich das ohne Erklärung stehen lassen, da ich meinte, es spräche für sich. Aber nach einigen Kommentaren und dem Umstand, dass mich sogar eine Zeitung anrief, um zu fragen, ob es mir ernst damit sei, habe ich es klargestellt. So kann man sich irren.
    Dabei hätte ich mich über Artikel wie „Bloggerkrieg in Greifswald“ oder Ähnliches riesig gefreut.

  13. Sehr geehrter Herr Kochhan,
    Ihren Bericht nachträglich als Satire darzustellen ist sehr unglaubwürdig anbetracht Ihrer weiteren Ansichten die sich im Web finden. Da wäre dann wohl 90% Satire. Am Besten Sie setzen sich mal auf die stille Treppe und überlegen ob Sie nicht doch noch was sinnhaftes aus Ihrem Leben machen.
    Gruss KM

  14. Also ich als „Betroffener“ finde das höchst glaubwürdig und muss mich sehr darüber wundern, wie unverständig manche Leute sind, wenn es um Humor geht.

  15. Das IST ernstgemeint. Und genau deswegen schauderts mich. Der neue Faschismus wird nicht sagen: ich bin der Faschismus…
    usw., ihr wisst schon.

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